21.04.2012
Hier mein Beitrag zur #npoblogparade zum Thema „Social Media für die Bürgergesellschaft“ (Trackback: http://www.cccdeutschland.org/de/trackback/619)
Hier das E-Book zur Blogparade Social Media für die Bürgergesellschaft (PDF, 86 Seiten) mit allen Beiträgen
Partizipation der Akteure Sozialer Arbeit durch Web 2.0 - Ein Beitrag zur Frage: „Wie können soziale Organisationen 'Social Media' nutzen?“
Es geht mir hier um die effektive Nutzung von IT im Dienst der Kooperation in der Sozialen Arbeit.
Ich war Teilnehmer der „2. Socialbar Köln: Politische Partizipation in digitalen Netzen“ - eine offline-Veranstaltung (am 25.11.2011 – real life, nicht virtuell). Die Selbstbeschreibung von Socialbar:
„Die Socialbar ist ein Treffen von Weltverbesserern. Web-Aktivisten, Social Entrepreneurs, NGOs, ehrenamtliche Helfer, Politiker und Unternehmen mit sozialer Verantwortung kommen bei der Socialbar zusammen, um sich kennen zu lernen, Kontakte zu knüpfen, Erfahrungen auszutauschen und Kooperationen einzugehen.“ [http://socialbar.de/wiki/Hauptseite ; rev. 21.04.2012]
Ich habe nach Berufskolleg/innen (Profession Soziale Arbeit und/oder Erziehungswissenschaften) Ausschau gehalten. Ich habe keine gefunden.
Interessenvertreter, die nicht im gesellschaftlichen Auftrag handeln, sondern Eigeninteressen verfolgen okkupieren den Kernbereich der Sozialen Arbeit. Wenn dieser dann einmal übernommen sein wird, wenn die Definitionsmacht dessen, was Soziale Arbeit ist nicht mehr in den Händen der Profession liegt, ist es wohl zu spät.
Das Fehlen der Akteure Sozialer Arbeit macht mich wütend auf die eigene Zunft. Am liebsten würde ich losschimpfen: Ihr müsst euch beteiligen, sonst werdet ihr beteiligt: z. B. als ehrenamtliche Helfer oder 1-Euro-Kraft ohne jegliche Einflußnahme-Möglichkeiten; vielleicht bei der Tafel – im ersten Arbeitsmarkt seid ihr ja unvermittelbar, weil potenziell subversiv und kritisch. Wäre ja auch schade um die Lebensmittel, die sonst verderben würden.
Das Thema 'Partizipation und Internet' ist in der Öffentlichkeit präsent. In der Politik entwickelt sich langsam eine Diskussion um die Veränderungen, die die seit 20 Jahren explodierende Kommunikation durch das Medium Internet auf die politische Kultur nimmt. Noch wird dieses Thema in der Öffentlichkeit hauptsächlich dem politischen Raum zugeordnet.
Aber es geht hier ja darum, die demokratischen Rollen des dritten, gemeinnützigen Sektors, speziell der Sozialen Arbeit zu thematisieren. Schließlich ist Partizipation ein zentrales Handlungsparadigma Sozialer Arbeit:
Partizipation ist kein beliebiges, austauschbares Element in der Sozialarbeit und -politik neben vielen anderen, sondern konstitutiver Bestandteil, zentrales fachliches Prinzip und handlungsanleitendes Leitbild. Die Frage der Partizipation der Adressaten soll hier nicht weiter behandelt werden. Mein Fokus liegt auf der Beteiligung der Akteure der Sozialen Arbeit:
Internet-Technik, Web 2.0 kann ein Werkzeug zur Partizipation sein. Und selbstverständlich muss Netzpolitik als Teil der Sozialpolitik betrachtet werden.
Mein Credo
Ich bin überzeugt, dass Beteiligung (Teilhabe, Partizipation) ein zentrales Ziel der Sozialen Arbeit ist und dass nicht nur die Adressaten, sondern auch die Akteure Sozialer Arbeit mangelhaft partizipieren.
Die meisten Akteure beschäftigen sich mit Finanz-Engpässen und bangen um die Zukunft ihrer Einrichtung. Adressatenbezogene Soziale Arbeit wird oft durch wirtschaftliches Handeln im sozialen Sektor ersetzt.
Sie haben kaum Ressourcen, um Teil zu haben an der Gestaltung der Sozialen Arbeit: die Rückmeldung der professionellen Akteure der Sozialen Arbeit an die Steuernden.
Ich bin ebenso überzeugt, dass das Internet neue Möglichkeiten der Partizipation und Kooperation eröffnet und die Profession Soziale Arbeit sich voran schreitend und nicht hinterher hechelnd damit auseinandersetzen sollte. Schließlich ist Partizipation ihr gesellschaftlicher Auftrag, nicht nur die (Adressaten-) Partizipation mittels neuer Medien, sondern auch die eigene, professionelle Partizipation an Sozialpolitik.
Menschenwürdige Arbeitsverhältnisse und angemessene Bezahlung sind in pflegerischen und sozialen Berufen nicht selbstverständlich. Normal-Arbeitsverhältnisse sind die Ausnahme, befristete Verträge die sind Regel. Promovierte als Praktikanten sind keine exotischen Privilegierten, sondern spiegeln außerordentlich starke soziale Verwerfungen wider: Den Akteuren Sozialer Arbeit droht Armut und Verwahrlosung.
Verwahrlosung trifft nicht nur die Adressaten der Sozialen Arbeit: Der Wohlfahrtsstaat selbst verwahrlost.
Diese Verwahrlosung „… geht Hand in Hand mit dem Siegeszug der sozialen Netze, die das Soziale nur simulieren ….“ (CT 08-2012 : S. 47) und kommerzialisieren. Ich widerspreche hier also Meinungsträgern, die naiv 'social media' für etwas (normativ) Soziales halten. Was wir brauchen sind politisch konzipierte Gegenentwürfe – und keine Produkte kleiner Startups, die sich für Kapitalgeber aufhübschen oder Global Player, die unsere Ressourcen ausbluten. [vergl. ebenda]
Zum einen haben sich im Feld der Sozialen Arbeit Informationstechnologien breit gemacht (beispielsweise ist E-Mail nicht mehr weg zu denken im Praxisvollzug), zum anderen existieren kritische bis ablehnende Haltungen gegenüber der Ideenlandschaft der Bürokraten und Verwaltungsfachleute a la „gute Software macht gute Soziale Arbeit“ – und das meines Erachtens völlig zu Recht.
Wie gestalten wir also die Einrichtungen des Sozialwesens so, dass in ihr und mittels IT mündige Akteure agieren können?
Natürlich braucht es Qualifizierung; so etwas wie Führerscheine im Umgang mit sozialen Medien, im Umgang mit neuen Medien in der persönlichen Lern- und Arbeitsumgebung (PLE), im Umgang mit Datenschutz und Persönlichkeitsrechten angesichts der Neuerungen durch neue Medien.
Es gibt spannende Initiativen, wie Open-Source, one laptop per child, Open Educational Ressources, Eduhacking1), Open Access, etc., in denen die Soziale Arbeit nocht nicht ausreichend präsent ist – und das in ihrem originären Feld: Bildung, Erziehung, Partizipation.
Sich als Produzent und nicht Rezipient von Software zu verstehen, hat kaum nennenswerten Einzug in die Soziale Arbeit genommen. Dabei wäre es recht einfach zu realisieren, zur Verfügung stehendes Geld für EDV in die der Sozialen Arbeit dienlichen Weiterentwicklung von Open-Source-Software zu stecken, statt proprietäre Quasi-Standards zu bedienen und knappe Ressourcen an Software- und Betriebssystemlizenzen zu verschleudern.
Das Internet kann als Plattform dienen,
Die Hochschulen können – auch mittels IT – einen Beitrag leisten
[vergl. ebenda]
Eben Moglen, Free Software Foundation, schlägt einen eigenen Server für jeden Haushalt vor – ich schlage das für Träger und Mitarbeitende in Sozialer Arbeit vor. So kann den Online-Unternehmen die Verfügungsgewalt über die Daten genommen und den Nutzern das soziale Netzwerk in die eigenen Hände gelegt werden – für die Kooperation der Akteure Sozialer Arbeit ist das unbedingt notwendig:
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